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Kein Kulturwandel ohne Kulturverständnis

Junge Profis bei einer Präsentation in einem modernen, hellen Büro.

Die EFQM definiert Organisationskultur als «die Werte und Verhaltensnormen einer Organisation, die ihre Mitarbeitenden und Gruppen teilen und die im Laufe der Zeit sowohl ihr Verhalten untereinander als auch gegenüber den für Zweck, Vision und Strategie wichtigen Interessengruppen ausserhalb der Organisation prägen».

Bei der Kultur geht es um Werte und Verhaltensnormen

Der Begriff der Kultur in seiner heutigen Vielschichtigkeit leitet sich aus dem Lateinischen ab, u.a. «cultus» übersetzt als Pflege, verstanden als Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung.

Besonders breit gefasst erscheint das Kulturverständnis Johann Wolfgang von Goethes, es fehlen «… weder die Kleidung noch die Ess- und Trinkgewohnheiten, weder die Geschichte noch die Philosophie, weder die Künste noch die Wissenschaft, weder die Kinderspiele noch die Sprichwörter, weder das Klima noch die Landschaftsformen, weder die Wirtschaft noch die Literatur, weder das Politische noch das Private».

Es ist also grundsätzlich eine grosse Fülle an Werten und Verhaltensnormen in der Gesellschaft vorhanden und man muss sich gut überlegen, welche nun «die» Werte und Verhaltensnormen sein sollen, die man in der eigenen Organisation herausstellen will.

Kultur wird zwischen «den Mitarbeitenden und Gruppen geteilt»

Der Ratschlag Goethes, «Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen», impliziert, dass Kultur erlernt, gesellschaftlich geteilt und transferiert werden muss. Beim «Teilen» der (gewünschten) Kultur ist zu berücksichtigen, dass es eine Fülle an Kulturen gibt, die bei so einem Vorhaben in Einklang gebracht werden müssen.

Gar nicht so einfach, vor allem wenn eine Organisation viele Kooperationen betreibt sowie branchen- und länderübergreifend tätig ist. Und dann gibt es überall noch die «Subkulturen».  Ein Bündner tickt nun mal (oft) anders als ein Walliser. Und während beispielsweise in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung «kreatives Chaos» förderlich ist, sollte im Controlling eher strenges Kostenbewusstsein gelebt werden. Beide Kulturen haben in dem jeweiligen Bereich ihre Vorteile, soweit die Unternehmensführung einen konstruktiven Ausgleich zwischen ihnen herstellen kann.

Die Organisationskultur prägt das Verhalten «im Laufe der Zeit untereinander … als auch gegenüber Zweck, Vision und Strategie»

«Alles eine Frage der Zeit». Bei der Gestaltung der Kultur sollte man diesbezüglich langfristig planen. Der Schwierigkeitsgrad des Veränderungsmanagements ist nämlich abhängig von der Tiefe und Schärfe des Wandels. Veränderungen der harten Faktoren wie Strategie sind eher an der Oberfläche. Veränderungen der weichen Faktoren, z.B. der Fähigkeiten und Werte, sind tiefgreifend und daher wesentlich schwieriger und zeitaufwendiger zu bewirken. Dazu kommt hinzu, dass die Organisationskultur im Vergleich zu anderen Kulturen wie zur Landes- bzw. Nationalkultur nur einen geringen Tiefengrad und Umfang erlangen kann. Warum? Weil die Organisationskultur erst ab dem Erwachsenenalter und in einem begrenzten, oft auch wechselnden Umfeld geprägt wird. Die Nationalkultur prägt sich hingegen in einem breiten, geschlossenen Umfeld seit der Kindheit aus. Also in einem Zeitraum, in dem sich die wesentlichen Werte, Normen und Basisannahmen des Menschen entfalten.

Die Organisationskultur soll «das Verhalten … gegenüber von wichtigen Interessengruppen ausserhalb der Organisation prägen»

Kultur ist nach dem Kulturforscher Geert Hofstede etwas, dass «… von einem Kollektiv an Menschen erlernt und akzeptiert worden ist und bewirkt, dass sich diese soziale Gruppe deutlich von anderen Gruppen unterscheidet». Die Unterschiedlichkeit von Kulturen liegt also in der Natur der Sache. Die Weisheit «Ändere Dich, dann ändert sich Dein Umfeld» bzw. die Redewendung «Wie man in den Wald ruft, so schallt es auch heraus» zeigt auf, dass im Umgang mit anderen viel von einem selbst abhängt. Eine gute interkulturelle Zusammenarbeit verlangt stets ein Verständnis (auch) der anderen Kultur und viel Fingerspitzengefühl. Und das ist nicht einfach, Hofstede warnt etwa: „Culture is more often a source of conflict than of synergy. Cultural differences are a nuisance at best and often a disaster.”

Eine gute Kultur bewirkt grossen Nutzen und reduziert Komplexität

Schauen wir uns doch mal den Zweck (Nutzen) an, den eine (Organisations-) Kultur erfüllt:

  • eine Integrationsfunktion durch Schaffung von Konsens
  • eine Koordinationsfunktion als Ersatz für strukturelle und personelle Führung
  • eine Motivationsfunktion durch Vermittlung von Sinnhaftigkeit
  • eine Identifikationsfunktion durch die Schaffung eines gemeinsam empfundenen „Wir-Gefühls“
Eine gute Kultur ist im Zeiten des Fachkräftemangels DER Wettbewerbsvorteil

In der heutigen modischen, schnelllebigen und technik-geprägten Zeit ist Kultur vielleicht so wichtig wie nie. Die erste Welt lebt im Überfluss, Privates und Geschäftliches verschwimmt und man kann vom Computer aus in der ganzen Welt für die ganze Welt arbeiten. Nicht wenige Menschen stellen sich daher vor allem Sinnfragen. Qualifizierte Mitarbeiter entscheiden sich für eine Organisation, in der man sich wohl fühlt, in der die Arbeit «Sinn» stiftet und der man sich «zu Hause fühlt». Viele dieser Menschen kündigen nicht wegen der Arbeit oder des Gehalts, sondern wegen des Chefs und der Kultur.

Wenn eine Organisation also der Logik des EFQM Modells folgt, sich Zeit bei der Gestaltung der Kultur lässt und sie stets besonnen hütet, kann sich die eigene Organisationskultur zu einem hohen Gut bzw. zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil entwickeln. Es ist aber sicher nichts, was man einfach so nebenbei macht.

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