Mein Erlebnis konstruktiver Kritik im vollbesetzten Bus
Es war einmal ein kühler Regentag in Zürich und ich war froh, als ich ins Tram einstieg und ins Trockene kam.
Es war sehr voll wie immer zur Feierabendzeit, aber zumindest bekam hatte ich einen Stehplatz. Auf der Fahrt beobachtete ich vor mich hinträumend die Spazierenden auf den Strassen.
Offenbar drehte ich dabei meinen Oberkörper ein wenig hin und her, denn plötzlich ertönte eine sanfte Stimme mit einem sympathischen osteuropäischen Akzent: «Liebärr Mennsch, kannst du mach’ ein bisschen mähr Aufpass’ mit deine Rucksack? Weisst du, ich leide.»
Ich drehte mich zu der Stimme hin. Da sass ein älterer kleiner Mann, der sanft lächelnd aufschaute. Reflexartig, ohne zu denken, entschuldigte ich mich. Ich freute mich sehr über die Qualität seiner Kritik und sagte zu mir selber. «Der hat sie drauf, die konstruktive Kritik. » Das Wichtigste war drin: Wertschätzung, Gegenstand, Auswirkung, Wunsch.
Jemand anderes hätte nichts gesagt, einfach gelitten, oder hätte etwas Aggressives geäussert: «Hey, fahr doch mit dem Auto, du Dubel!» Aber der alte Mann macht es perfekt, auch ohne an mein Seminar zu kommen. Auf der ganzen Heimfahrt lächelte ich und dachte: «Danke, alter Mann, du bist mein Vorbild.»
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